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Das erste Mal begegnete mir die Punchneedle-Technik vor über 1 1/2 Jahren bei Pinterest. In den USA wurde das gerade ein großer Trend, aber es war super schwer in Deutschland schon Infos dazu oder die passenden Werkzeuge zu finden.
Punchneedeln ist eine Handarbeitstechnik zwischen Sticken und Knüpfen, so würde ich es bezeichnen. Man hat dabei eine Nadel, die aussieht wie ein Stift und durch die ein Wollfaden gezogen wird. Mit der Spitze wird die Wolle in den Trägerstoff eingebracht, wo er auf der Rückseite Schlaufen bildet. Diese Schlaufen sind "locker" im Stoff, sprich sie sind nicht verknotet oder mit einem Unterfaden verschlungen, weshalb man den Faden -mit Absicht oder aus Versehen- auch wieder ziemlich schnell rausziehen kann.
Wenn man die Arbeit haltbar machen will, ist es deshalb wichtig sie zu fixieren.
Was besonders viel Spaß daran macht, ist das man mit der Punchneedle sozusagen mit Wolle malen kann, so kann man seiner Kreativität ganz leicht Ausdruck verleihen.
Das Werkzeug
Der absolut wichtigste Punkt, denn ohne passendes Werkzeug klappt es einfach nicht, das musste ich selbst erfahren.
Vor 1 1/2 Jahren hatte ich mir über Amazon ein Punchneedle-Set bestellt, sonst konnte ich nirgendwo was finden (außer aus den USA importiert). Das Set (irgendein Asia-Produkt) versprach viel: verschiedene Wollstärken verarbeiten, Kleidung besticken etc., hat natürlich nichts geklappt. Also so wirklich garnichts, egal welche Wolle und welchen Trägerstoff ich verwendet habe, ABER ich muss auch sagen: Ich hatte nicht den empfohlenen Mönchstoff (monks cloth) aus den USA, denn den bekam ich einfach nirgendwo. Aber auch mit Aidastickstoff oder Leinen klappte nichts, die Schlaufen blieben einfach nicht drin.
Frustriert landete das Set in der Ecke. Mehrmals habe ich überlegt mir aus den USA die gefeierten Oxford-Nadeln zu bestellen, aber der Preis hat mich zu sehr abgeschreckt.
Im Frühjahr habe ich mich dann auf der H&H gefreut, dass RicoDesign das Thema endlich aufgegriffen hat und das Werkzeug produziert, seit rund 2 Wochen bekommt man auch Stoff&Stil Werkzeug. Es gibt sicher noch andere Anbieter, aber das sind die, die ich nutze und empfehlen kann.
Die "Nadel"
Bei den Nadeln die es zur Zeit in Deutschland zu kaufen gibt, kann man unterscheiden in Nadeln mit dünner, austauschbarer Spitze, diese eignen sich für Stickgarn oder Wolle bis Nadelstärke 2,5 (meiner Erfahrung nach).
Gibts zum Beispiel hier:
- von RicoDesign
- von Stoff&Stil (getestet und für gut befunden)
Mit dem Rädchen an der Nadel kann man festlegen wie lang die Nadelspitze vorne ist und damit wie lang die Schlaufen auf der Rückseite werden (je länger die Nadel, umso länger die Schlaufen, ist logisch denk ich)
Außerdem gibt es die dicken Nadeln die eine feste Spitze haben, mit diesen kann man auch dicke Wolle versticken (meine dickste war eine 8er Nadelstärke mit der Stoff&Stil Nadel). Auch hier kann man die Nadellänge und somit die Schlaufenlänge variieren.
Gibts zum Beispiel hier:
- von RicoDesign (getestet und für gut befunden)
- von Stoff&Stil (getestet und für gut befunden)
Und dann gibt es noch die beliebten Oxfordnadeln, die auch eine feste Spitze haben (also nicht austauschbar), in verschiedenen Größen für unterschiedliche Wollstärken. Diese Nadeln habe ich selbst nicht ausprobiert, aber nur gutes von gehört, ist aber wohl eher was für Profis als für Einsteiger.
Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere Anbieter, zu denen ich aber nicht viel sagen kann.
Die Wolle
Das ist das schöne am Punchneedeln, man kann, wenn man sowohl eine dünne als auch eine dicke Nadel hat, so gut wie jede Wolle verarbeiten, perfekt um Wollreste los zu werden.
Es erfordert allerdings ein paar Versuche um herauszufinden welche Wolle mit welcher Stärke und welcher Einstellung verarbeitet werden kann. Man kann auch dünnere Wolle doppelt nehmen, wenn man schneller voran kommen will.
Für die Deko in unserer Stoff&Stil Filiale in Köln habe ich kurz vor meinem Mutterschutz noch ein Wandbild gemacht für das ich ganz viele verschiedene Qualitäten unseres FRAYA Garns getestet habe. Es hat ein paar Versuche gekostet, aber ich habe schließlich für alle meine ausgewählten Wollen die passende Nadeln und Einstellung gefunden.
Der Grundstoff
Hier kam jetzt meine Ernüchterung: damit es funktioniert, benötigt man den Mönchstoff! Sprich es lässt sich nicht ohne weiteres auf Kleidung punchen, schon garnicht auf Jerseyteile. So zumindest meine Erfahrung, aber es ist sicherlich ein Versuch wert, wenn ihr es testen möchtet.
Das "Problem" bei normalem Stoff ist, dass er zu eng gewebt ist, die Nadel verdrängt nicht die Fäden wie beim speziell gewebtem Mönchstoff, sondern zerreißt die Fäden, wodurch ein großes Loch entsteht, das den Faden nicht mehr hält. Beim Mönchstoff verschieben sich die Fäden oder es reißen nur wenige bei der dicken Nadeln, das heißt wenn ich die Nadel wieder zurück ziehe, ziehen sich auch die Fäden wieder etwas zusammen und halten die Wolle.
Ich habe bisher zwei Mönchstoffe getestet:
- von RicoDesign
- von Stoff&Stil
Mit beiden funktioniert es, aber der von RicoDesign liegt bei mir leicht vorne, weil man da zum einen mehr Stoff fürs Geld bekommt und ich kam mit der dicken Nadeln da mit weniger Kraftaufwand durch.
Stickrahmen
Um zu punchen muss der Stoff gespannt sein, und das gelingt am Besten in einem Stickrahmen. Da kann man die klassischen runden nehmen, die man auch vom normalen Sticken kennt, aber ich bin ja ehrlich gesagt voll begeistert vom quadratischen Stickrahmen von Stoff&Stil, weil man damit auch ganz toll Kissenhüllen oder größere Projekte machen kann.
Textilkleber
Damit die Stickerei sich nicht wieder auflöst, muss die Rückseite eures Werkes (welche Seite hinten sein soll könnt ihr selbst wählen) verklebt werden. Dazu kann man unlöslichen Sprühkleber nehmen oder welchen, den man mit dem Pinsel aufträgt. Weil ich am Wochenende beides nicht im Haus hatte, aber mein Kissen unbedingt fertig stellen wollte, habe ich auf die Rückseite Vlieseline aufgebügelt, das ist aber wohl eher die schlechteste Variante.
Sonstiges
Schere, Bleistift etc. sollte ja jeder zuhause haben. Einfädelhilfen sind bei den Nadeln dabei, gut drauf aufpassen!
An Büchern gibt es mittlerweile auch einiges, ich persönlich mag auch wieder das Heftchen von RicoDesign.
So funktioniert es
Weil ich finde, dass man mit einem Video sehr viel mehr erklären kann als mit tausend Worten, hier erstmal zum Einstieg ein kurzes Video von Rico Design. Ich schaffe leider zurzeit wegen des wachsenden Bauchumfangs keine Videos, aber bei YouTube findet ihr sicher auch noch andere tolle Anleitungen.
Im Prinzip ist es ganz einfach:
1. Mönchstoff einspannen und mit einem Bleistift oder Kreidestift das Muster aufzeichnen
2. Nadel einfädeln und in einer Ecke testen ob Nadel/Einstellung/Wolle zusammenpassen.
Mein Tipp:
Je nach Wolle muss man die Schlaufenlänge (also Nadellänge) länger stellen, damit sich die Schlaufen nicht wieder raus ziehen.
3. Wenn die Einstellungen stimmen kann man loslegen. Wie lange der Abstand zwischen den Stichen sein muss, ist abhängig von der Wolle, je dünner die Wolle, umso kleiner muss der Abstand sein, die dicker und voluminöser die Wolle, umso größer kann der Stichabstand sein. Nach ein paar Stichen sollte man auf der Rückseite man schauen wie es aussieht.
Wenn die Seite mit den Schlaufen die "schöne" Seite sein soll, also die, die man später sieht, dann könnt ihr ziemlich wild punchen, wenn die glatte Seite, also eure Sichtseite beim punchen außen sein soll, dann passt auf, dass die Stiche exakt sind und in eine Richtung verlaufen.
Hier lauern Fehler:
Die Öffnung der Nadelspitze muss immer in die Richtung zeigen, in die gestickt wird, so sticht man sich nicht selbst in die Wolle und verhindert ein Rausziehen des Fadens aus dem Stoff.
Die Nadel wird nur so weit wieder aus dem Stoff rausgezogen, dass sie gerade so aus dem Loch rausrutscht und über den Stoff zum nächsten Einstich gleitet, oben dürfen keine Fadenschlaufen entstehen.
Stellt immer sicher, dass ihr genug Wolle vom Knäul abgewickelt habt und die Wolle nirgendwo hängen bleibt, sonst ziehen sich die Schlaufen immer wieder auf.
Außerdem:
Nutzt bei jedem Stich die volle Länge der Nadel, also stecht bis zum Anschlag ein, nur so bekommt ihr gleichmäßige Schlaufen.
4. Beim Farbenwechsel immer wieder die Einstellungen prüfen, vor allem wenn man verschiedene Wollstärken nimmt.
Wenn man Schlaufen mit glatten Stichen kombinieren will, sticht man mal von der einen, mal von der anderen Stoffseite.
5. Wenn man fertig ist wird die Rückseite (welche das ist entscheidet ihr selbst) mit Textilkleber fixiert und trocknen gelassen.
6. Wenn alles trocken ist, könnt ihr euer Werk weiter verarbeiten, zu einem Kissen, Kuscheltier oder Wandbehang.
Und was mach ich dann damit?
Bei Pinterest findet ihr ganz viel Inspiration, egal ob Wandbild, Kissen oder Kuscheltier. Wer gerne eine Stickerei für Kleidung haben möchte, der kann einen Umweg gehen und auf Mönchstoff sticken, die Rückseite verkleben und dann wenn alles trocken ist die Stickerei ausschneiden und wie eine Applikation auf die Kleidung aufnähen.